Synonyme

ICD10 (2022): K30

Funktionelle Dyspepsie; Reizmagen; Reizmagensyndrom; nichtulzeröse Dyspepsie (NUD)

Definition

Länger bestehende Beschwerden, die der Patient im Oberbauch (zwischen Umbilicus und Processus xiphoideus) und seitlich lokalisiert. Folgende Kriterien sollen lt. Rom-IV-Kriterien erfüllt sein:

  • Eine über mehr als drei Monate innerhalb der letzten sechs Monate anhaltend persistierende beziehungsweise rezidivierende Dyspepsie
  • Kein Nachweis einer organischen Ursache bei der endoskopischen Abklärung, die die Beschwerden erklären könnte (Patienten mit Dyspepsie weisen bei der diagnostischen Abklärung in 20–30 % der Fälle für die Beschwerdesymptomatik ursächliche Erkrankungen auf )
  • Kein Hinweis, dass die Dyspepsie ausschließlich durch die Stuhlentleerung erleichtert wird oder eine Assoziation mit Stuhlunregelmäßigkeiten besteht.

Nach den aktuellen Rom-IV-Kriterien (1) wird die funktionelle Dyspepsie nach den Leitsymptomen in zwei Untergruppen gegliedert:

  • Epigastrischer Schmerz (EPS) – dominierend Oberbauchschmerzen oder -brennen
  • postprandiales Distress-Syndrom (PDS) – Völlegefühl und vorzeitige Sättigung.

facts

  • 18–20 % der Deutschen klagen über Völlegefühl, Blähungen, Sodbrennen oder Durchfall. [01]
  • 20 % der Patienten mit funktioneller Dyspepsie werden im Laufe ihres Lebens anhaltend beschwerdefrei.[01]

Ursachen

  • Im inneren festgehaltene, blockierende Gefühle
  • Motilitätsstörungen
  • unzureichenden Fundusrelaxation nach Dehnung durch einen Ballon oder nach einer Mahlzeit
  • sensomotorische Störungen verbunden mit viszeraler Hypersensitivität auf mechanische und chemische Stimuli
  • Immunaktivierung
  • erhöhte mukosale Permeabilität im proximalen Dünndarm
  • Störungen des autonomen und enterischen Nervensystems
  • Fett im Duodenum triggert die Symptome
  • „pathologische“ zentrale Verarbeitung viszeraler Reize, zum Beispiel erhöhte Vigilanz gegenüber spezifischen Sensationen aus dem Magen-Darm-Trakt hin, die möglicherweise im Rahmen einer postinfektiösen Sensibilisierung entstanden ist

nach TCM

  • Magen-Qi-Mangel (Appetitlosigkeit)

Symptome

  • epigastrische Schmerzen und Brennen (60–70 %)
  • postprandiales Völlegefühl (80 %)
  • frühe Sättigung (60–70 %)
  • Blähgefühl im Oberbauch (80 %)
  • Übelkeit (60 %)
  • Erbrechen (40 %)
  • 30 % aller Patienten mit funktioneller Dyspepsie leiden gleichzeitig an einem Reizdarmsyndrom
  • allgemeine vegetative Symptome wie Schwitzneigung, Kopfschmerzen, Schlafstörungen, Muskelverspannungen, funktionelle Herzbeschwerden und Reizblase
  • variable Beschwerden ohne wesentliche Progredienz, diffuse und wechselnde Schmerzlokalisation, fehlender unbeabsichtigter Gewichtsverlust und Stressabhängigkeit der Beschwerden

Diagnostik

  • Blutbild
  • Elektrolyte
  • Leberwerte
  • Nierenwerte
  • CRP
  • TSH, fT3

Ösophagogastroduodenoskopie einschließlich der Untersuchung auf Helicobacter pylori

obligat

nur bei Hinweisen auf Reizdarmsyndrom

Therapie

facts

  • Placeboerfolgsrate mit bis zu 60 %

Psychedukation

  • ernstzunehmende somatische Erkrankung
  • multifaktoriell, viele Ursachen kommen zusammen
  • keine Gefahr bleibender Schäden oder der Lebensverkürzung
  • Eigenverantwortlichkeit als Chance

Ernährung

Keine Diäten. Der Patient sollte durch Selbstbeobachtung unverträgliche Speisen registrieren und vermeiden, wobei das Führen eines Beschwerdetagebuches gerade in der Diagnosephase sinnvoll sein kann.

Die regelmäßige Einnahme von Mahlzeiten, das Vermeiden von zu großen Mahlzeiten, gutes Kauen, keine Hektik beim Essen sind allgemeine Empfehlungen, die auch bei einer funktionellen Dyspepsie hilfreich sein können.

Allopathie

  • Refluthin®
    (Calcium- und Magnesiumcarbonaten mit den wirksamen Bestandteilen aus hochkonzentriertem pflanzlichen Feigenkaktusextrakt)
    ab 12.Lj. ⇒ 1 Kautablette bei Bedarf, bis zu 4x täglich
    (frei verkäuflich, rezeptfrei, in der Apotheke erhältlich)

Antidepressiva

  • Amitriptylin ⇒ 25 mg für 2 Wochen, dann 50 mg für weitere 10 Wochen

Schindler, V., Pohl, D. Wirkung von Amitriptylin und Escitalopram bei funktioneller Dyspepsie: eine randomisierte kontrollierte Multizenterstudie. Gastroenterologe 11, 201–202 (2016). https://doi.org/10.1007/s11377-016-0075-7

SSRI waren in Studien nicht effektiv.

Prokinetika

Aktuell sind in Deutschland keine Prokinetika für die funktionelle Dyspepsie zugelassen.

off label:

  • Prucaloprid (selektiver 5-HT4-Agonist)
  • Acotiamid (muskariner Autorezeptor-Inhibitor und Cholinesterasehemmer)
  • Itoprid (selektiver Dopamin-D2-Antagonist)
  • Levosulpirid (selektiver Dopamin-D2-Antagonist)

Phytotherapie

  • Iberogast® ADVANCE

Blüten

Australische Buschblüten Essenzen

  •  

TCM

Kräuter

1-2 Teelöffel (1-2g Pulver) gemahlene Uncaria tomentosa-Rinde in etwas Flüssigkeit (stilles Wasser, Saft, Joghurt etc.) einrühren ⇒ 2-3x täglich vor dem Essen.

oder

Uncaria tomentosa tea5 Teelöffel der Uncaria tomentosa-Rinde in feinen Fäden oder als Pulver  mit 1 Liter kochendem Wasser übergießen. Etwa 12 bis 15 Minuten ziehen lassen, abgießen.
⇒  über den Tag verteilt trinken.

Empfohlen wird eine tägliche Trinkmenge von einem Liter Katzenkralle Tee.

Stimmgabel-Therapie (SGT)

Punkte

Ayurveda

Hasta Mudrās

  •  

Quellen

[01] Diagnose und Therapie der funktionellen Dyspepsie
The diagnosis and treatment of functional dyspepsia
Dtsch Arztebl Int 2018; 115: 222-32; DOI: 10.3238/arztebl.2018.0222
Madisch, Ahmed; Andresen, Viola; Enck, Paul; Labenz, Joachim; Frieling, Thomas; Schemann, Michael

Funktionelle Dyspepsie
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